Presse zu Sachsen und Thüringen: „Es ist ein Erdbeben, das die Geschichte verändert“ (2024)

Die amerikanische Zeitung „New York Times“ schreibt: „Die Wahlen in den beiden ehemaligen ostdeutschen Ländern wurden in Berlin aufmerksam beobachtet, da sie ein Indikator für die wachsende Stärke extremistischer Parteien von links und rechts sowie für die schwächelnde Position der zentristischen Parteien waren, die die derzeitige Koalition auf Bundesebene bilden. Es war das erste Mal seit der Nazizeit, dass eine rechtsextreme Partei eine Landtagswahl gewann. Die Ergebnisse gelten als beunruhigender Indikator für die Gesundheit und Zukunft der deutschen Demokratie und dürften das Dilemma darüber verschärfen, ob und wie es den etablierten Parteien gelingen kann, Extremisten zu isolieren und von einem Regierungseintritt abzuhalten.“

Das „Wall Street Journal“ fasst die Lage so zusammen: „Rechtsextreme stehen vor historischem Wahlsieg in Ostdeutschland. Die Wahlen in zwei Bundesländern könnten den ersten Sieg der Rechtsextremen in Deutschland seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bringen – und eine neue Blamage für die Regierung von Olaf Scholz.“

Auch „Le Parisien“ aus Frankreich sieht vor allem den Kanzler und seine Koalition vor einem Problem: „Rechtsextreme gewinnen eine Landtagswahl, die erste in der Nachkriegszeit. (...) Diese Ergebnisse sind für die Partei beispiellos und stellen einen weiteren schweren Schlag für die fragile Koalition von Olaf Scholz dar, wie die Umfragen ergaben.“

„The Economist“ aus Großbritannien ordnet die Wahlen in Sachsen und Thüringen folgendermaßen ein: „Der symbolische Charakter der Ergebnisse wird mehr Gewicht haben als ihr Inhalt. Es stimmt, dass über 40 Prozent der Wähler in beiden Staaten populistischen Parteien ihre Stimme gaben, die manchmal wie Sprachrohre des Kremls klingen. Aber die deutschen Länder haben kaum Einfluss auf die Außenpolitik des Landes. Auch können die Wahlergebnisse in zwei kleinen Staaten, deren Gesamtbevölkerung von 6,2 Millionen etwa 7 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung ausmacht, nicht als nationaler Indikator angesehen werden.“

Die britische Zeitung „The Guardian“ kommentiert: „Rechtsaußenpartei AfD steht vor Landtagswahlsieg im Osten. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg wurde eine rechtsextreme Partei zur stärksten Kraft in einem deutschen Landtag (...), während eine neue populistische Kraft auf der linken Seite einen festen Platz in der politischen Landschaft des Landes einnahm. Die Wählerinnen und Wähler haben bei zwei genau beobachteten Wahlen im ehemals kommunistischen Osten ihre Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien in Deutschland deutlich gemacht.“

La Repubblica“ aus Italien meint: „Es ist ein Erdbeben, das die Geschichte verändert. Zum ersten Mal seit Kriegsende gewinnt eine rechtsextreme Partei eine Landtagswahl in Deutschland. 90 Jahre nach Hitlers Machtergreifung. Und in einem Bundesland, Thüringen, das für die erste Unterstützung einer Kommunalverwaltung durch die Nazis im Jahr 1924 berüchtigt ist.“

Auch in Spanien sind die Wahlen in Sachsen und Thüringen ein Thema. „El Mundo“ analysiert: „Die extreme Rechte ist bei den Landtagswahlen in Deutschland nicht zu stoppen: Umfragen zufolge gewinnt sie in Thüringen und wird in Sachsen Zweiter. Die AfD schafft es, eine Wählerschaft anzusprechen, die Einwanderung und eine Politik der Feindseligkeit gegenüber Russland ablehnt.“

„El País“ befindet: „Deutschlands AfD-Ultras gewinnen laut Hochrechnungen die Wahl in Thüringen. Björn Höcke, der radikalste Anführer der Partei, gewinnt den ersten Platz, wird aber wahrscheinlich nicht regieren können. In Sachsen gewinnt die konservative CDU mit knappem Vorsprung.“

Die „Kronenzeitung“ aus Österreich kommentiert: „Beiden [AfD und BSW, Anm. d. Red.] gemeinsam ist aber das Selbstverständnis als „Gegen-die-da-oben-Parteien“. Sie feuerten scharfe Breitseiten gegen die Regierenden, insbesondere gegen die Ampelkoalition in Berlin. Sowohl AfD als auch BSW sprechen ihr fast jede Eignung zur Problemlösung ab. Sie malen den Zustand des Landes in den düstersten Farben und bieten sich selbst als Retter an. „Unser Land ist in keiner guten Verfassung“, heißt es im Gründungsmanifest des BSW. (…) Ohne Partner bleibt der AfD allerdings nur die Opposition. Das BSW hingegen könnte bald in die Situation kommen, sich in Regierungsverantwortung zu beweisen. Vorher müssten sich allerdings quasi Öl und Wasser verbinden: Der mögliche Partner CDU ist von Positionen des BSW teils meilenweit entfernt.“

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Der Schweizer „Tages-Anzeiger“ kommentiert: „Breite Mehrheiten in Ostdeutschland wollen die irreguläre Einwanderung nicht bremsen, sondern stoppen – und die Lieferung von Waffen an dieUkraineebenfalls. Beide Themen erklären den Triumph der rechtsextremistischen AfD und der neuen populistischen Querfront-Gruppe von Sahra Wagenknecht. Zusammen sammeln sie in Thüringen fast die Hälfte aller Stimmen ein. Beiden ist es gelungen, den Unmut über die Regierung in Berlin auf ihre Mühlen zu lenken – besser jedenfalls als der wichtigsten Oppositionspartei in Deutschland, der CDU. Dennoch gehört auch sie zu den Siegern. Anders als die AfD, die in ihrem Extremismus isoliert bleibt, ist die CDU die letzte Partei der breiten Mitte, um die herum sich in solch konservativen Landstrichen überhaupt noch Regierungen bilden können: In Sachsen behauptet sich Ministerpräsident Michael Kretschmer gegen die AfD, in Thüringen winkt Mario Voigt die Staatskanzlei – schwierige Koalitionsverhandlungen vorbehalten. Für die SPD, die Kanzlerpartei, fällt der erste Wahltag im Osten rabenschwarz aus. Gehen die Sozialdemokraten in drei Wochen auch in Brandenburg unter und verliert ihr Ministerpräsident Dietmar Woidke dort seine Macht, wackelt auch Kanzler Olaf Scholz. In Hinblick auf die Bundestagswahlen in einem Jahr ist eine Revolte der Partei gegen ihn dann nicht mehr auszuschließen.“

Zum Abschluss schreibt die liberale Zeitung „Hospodarske noviny“ aus der Tschechischen Republik: „Für Björn Höcke, den Spitzenkandidaten der Alternative für Deutschland (AfD) in Thüringen, ist klar, wohin seine erste Auslandsreise gehen würde, falls er eines Tages zum Bundeskanzler gewählt werden sollte: nach Moskau. (...) Die Schlüsselthemen seiner Wahlkampagne waren Widerstand gegen weitere Hilfen für dieUkraine, die Beziehungen zu Russland und die Migration. (...) Doch vom Einzug ins Kanzleramt ist Höcke noch weit entfernt. Trotz des klaren Wahlsieges seiner Partei in dem Bundesland dürfte er nicht einmal Ministerpräsident von Thüringen werden. (...) Denn sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene will keine Partei mit der AfD koalieren. Um in Thüringen und Sachsen Landesregierungen zu bilden, wird eine Zusammenarbeit der CDU mit der BSW von Sahra Wagenknecht nötig sein, auch wenn das eine sehr unnatürliche Kombination ist.“

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